Zum Inhalt springen

Wegen Einwanderungspolitik Nationalgarde in Los Angeles – Ausschreitungen bei Protesten

  • Erneut ist es in Los Angeles zu Demonstrationen gegen die Einwanderungspolitik gekommen.
  • Tausende von Demonstranten gingen auch als Reaktion auf den von Präsident Trump angeordneten ausserordentlichen Einsatz der Nationalgarde auf die Strasse.
  • Am Rande der weitgehend friedlichen Demonstrationen kam es auch zu gewaltsamen Ausschreitungen – vor allem im Nachgang.

Die Demonstrierenden blockierten eine wichtige Autobahn und setzten selbstfahrende Autos in Brand, während die Polizei Tränengas, Gummigeschosse und Blendgranaten einsetzte, um die Menge zu kontrollieren. Auch an einem Bundesgefängnis in der Stadt gingen Soldaten und Sicherheitskräfte des Bundes zum Teil mit Tränengas vor, um Dutzende Demonstranten zurückzudrängen, wie Fotos und Fernsehbilder zeigten.

US-Medien: Weisses Haus entsendet Marines

Box aufklappen Box zuklappen

Das US-Militär wird vorübergehend etwa 700 Marinesoldaten nach Los Angeles entsenden, während zusätzliche Truppen der Nationalgarde in der Stadt eintreffen, sagte ein Insider am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Der Nachrichtensender CNN spricht von 500 Soldaten, die von einer nahegelegen Basis nach Los Angeles verlegt werden sollen.

Als Reaktion auf die Lage verhängten die Sicherheitsbehörden ein Versammlungsverbot für die Innenstadt. Das betroffene Gebiet sei unverzüglich zu räumen, teilte die zuständige Polizeibehörde auf der Plattform X mit. Zudem gab die Polizei bekannt, dass es am Rande der Proteste übers Wochenende 56 Festnahmen gegeben habe.

Nächtliche Strassenszene mit Funken und Polizeiautos.
Legende: Am Bundesgefängnis in Los Angeles kam es zu Zusammenstössen. Keystone / Ethan Swope

Einige Polizisten patrouillierten auf Pferden durch die Strassen, während sich andere in Einsatzkleidung hinter den etwa 300 Soldaten der Nationalgarde – einige in Kampfmontur und mit automatischen Waffen – aufstellten, die zum Schutz von Bundeseinrichtungen eingesetzt wurden. Neben der Nationalgarde stünden rund 500 Marineinfanteristen der regulären Streitkräfte bereit, um bei Bedarf einzuschreiten, teilte das zuständige Regionalkommando des Militärs mit.

Strassensperre mit Polizeifahrzeugen, Rauch und Menschenmenge auf Brücke.
Legende: Reuters/Allison Dinner

Es war der dritte Tag der Demonstrationen gegen Trumps hartes Durchgreifen gegen Einwanderer in der Region. Die Proteste am Sonntag in Los Angeles, einer Stadt mit 4 Millionen Einwohnern, konzentrierten sich auf mehrere Blocks in der Innenstadt. Ansonsten nahm das Leben in der Stadt seinen gewohnten Lauf.

Rhetorischer Schlagabtausch zwischen Trump und Newsom

Der Gouverneur von Kalifornien, der Demokrat Gavin Newsom, hat die US-Regierung offiziell aufgefordert, die Entsendung der Nationalgarde nach Los Angeles rückgängig zu machen. In einem Brief an Verteidigungsminister Pete Hegseth bezeichnet er das Vorgehen der Regierung als rechtswidrig – so seien etwa Vorschriften nicht eingehalten worden.

Ausschreitungen auch in San Francisco

Box aufklappen Box zuklappen

Auch in San Francisco ist es bei Protesten gegen die Abschiebung von Migranten ohne Aufenthaltsgenehmigung Medienberichten zufolge zu Ausschreitungen gekommen. Etwa 60 Personen seien nach einer zunächst friedlich verlaufenen Demonstration vor einem Gebäude der US-Einwanderungsbehörde ICE festgenommen worden, berichtete der örtliche CNN-Tochtersender KGO.

Hunderte Menschen hatten demnach am Sonntagabend (Ortszeit) in der US-Westküstenmetropole gegen die Razzien und Abschiebungen von Migranten ohne gültige Aufenthaltspapiere protestiert, die derzeit im US-Bundesstaat Kalifornien stattfinden. Die Stimmung sei umgeschlagen, als einige Demonstranten nach Angaben der Polizei Eigentum zerstörten, Angriffe verübten und andere Schäden verursachten, berichtete der Sender weiter. Um die Demonstration aufzulösen, hätten die Behörden die Proteste zu einer «ungesetzlichen Versammlung» erklärt.

Auf X schrieb Newsom dazu, es habe keine Probleme gegeben, bis sich Donald Trump eingemischt habe. Er warf dem US-Präsidenten einen schwerwiegenden Verstoss gegen die staatliche Souveränität vor. Die Kontrolle über die Nationalgarde solle wieder an den Gouverneur zurückgehen. Newsom hat eine Klage angekündigt. In einem TV-Interview doppelte Newsom nach: «Nehmt mich halt fest. Lasst es uns hinter uns bringen. ... Ist mir völlig egal», sagt der Gouverneur des US-Bundesstaates in die Kamera. Zuvor hatte Tom Homan – der Mann, der die Abschiebepolitik von US-Präsident Donald Trump durchsetzen soll – mit einer Festnahme gedroht.

Trump äusserte sich am Montagabend (Schweizer Zeit) zustimmend zur Idee, Newsom festnehmen zu lassen. «Ich würde es tun, wenn ich Tom wäre (...) es wäre eine grossartige Sache», sagte der Republikaner auf Nachfrage von Reportern. 

US-Korrespondentin: «Ungewöhnlich drastischer Schritt»

Box aufklappen Box zuklappen
Frau mit braunem Haar im Anzug vor weissem Hintergrund.
Legende: Viviane Manz SRF

Einschätzungen von US-Korrespondentin Viviane Manz

Der Einsatz der Nationalgarde ist ein ungewöhnlich drastischer Schritt. Bisher ist es in der Geschichte der USA erst einmal vorgekommen, dass der Präsident die Nationalgarde gegen den Willen eines Gouverneurs einsetzt. Das war 1965 in Alabama.

Donald Trump argumentiert, die Ausschreitungen seien eine Rebellion gegen die Regierung. Kritiker wiederum sagen, dass er das Militär einsetze, um Widerstand im Land zu unterdrücken. Bemerkenswert ist: Bei den George-Floyd-Protesten, die 2020 um ein Vielfaches grösser und gewalttätiger waren, setzten einige Gouverneure die Nationalgarde ein. Trump kritisierte damals zwar manche als zu zögerlich, doch er verzichtete darauf, die Nationalgarde unter Bundeskommando zu stellen und damit die Gouverneure zu übergehen. Nun scheint er diese Hemmungen verloren zu haben. 

Auf seiner Plattform Truth Social verteidigte Trump den Einsatz der Nationalgarde als «hervorragende Entscheidung». Ohne diesen Schritt wäre Los Angeles «vollständig zerstört» worden. Newsom und der Bürgermeisterin von Los Angeles, Karen Bass, warf er vor, den Ernst der Lage zu verharmlosen und die Bevölkerung über angeblich «friedliche Proteste» zu täuschen.

SRF 4 News, 5 Uhr, 9.6.2025 ; 

Meistgelesene Artikel